Kein Spielball persönlicher Interessen

Oberbürgermeister Claus Kaminsky äußert sich zum Leserbrief von Stephan Bader, der am 15. März im HA erschien und das Neubaugebiet „Mittelbuchen-Nordwest“ zum Thema hatte:

Die Kritik an der Fortführung der landwirtschaftlichen Nutzung auf den geplanten Bauflächen „Mittelbuchen Nordwest“ macht den Widerstreit der Einzelinteressen in einem Bebauungsplanverfahren mehr als deutlich. Es zeigt, dass eine sorgsame Bewertung von Sachverhalten nur in einem ganzheitlichen Beteiligungs- und Abwägungsprozess möglich ist und es eine Verantwortung jedes Einwenders gibt, die zu bewertenden Sachverhalte auch in Anbetracht seiner zu respektierenden Partikularinteressen objektiv und sachlich richtig darzustellen.

Im zitierten Artikel war entgegen der Darstellung von Herrn Bader deutlich dargelegt, dass alle bauvorbereitenden Schritte bis zu einer Entscheidung über den Bebauungsplan in der Stadtverordnetenversammlung zurückgestellt bleiben. Ebenso erfolgt eine landwirtschaftliche Nutzung nicht durch das Unternehmen Bien-Ries AG, deren Eigentumsanspruch erst mit der Baurechtsschaffung wirksam wirkt. Die Fortsetzung der landwirtschaftlichen Nutzung ist nicht nur im Interesse der jetzigen Eigentümer und Bewirtschafter angezeigt, sondern auch auf Forderungen der beteiligten Naturschutzverbände sowie der landwirtschaftlichen Interessenverbände zurückzuführen, die aus verschiedensten Gründen einer vorzeitigen Verbrachung der Flächen entgegenwirken wollen.

Die Ansaat von Mais erfolgte auf den Plangebietsflächen in den vergangenen Jahren regelmäßig im Rahmen des gebotenen Fruchtwechsels, sodass sich die Lebensraumbedingungen insbesondere für den Feldhamster auch ohne das Baugebiet stetig verändert. Hieraus zeigt sich, dass das Überleben und der wirksame Schutz des vom Aussterben bedrohten Feldhamsters im Wesentlichen von der dauerhaften Sicherung von Flächen und Lebensraumbedingungen im Einklang mit der modernen Landwirtschaft abhängig sind.

Diesbezüglich hat die Bien-Ries AG in Zusammenarbeit mit der Terramag GmbH bereits im Vorgriff einer endgültigen Realisierung des Baugebietes sogenannte CEF-Flächen gesichert und im November 2017 die Umstellung der konventionellen Landwirtschaft auf eine artengerechte Bewirtschaftung veranlasst und dauerhaft vertraglich gesichert.

Die derzeit im Plangebiet lebenden Feldhamster sollen nach Abschluss des Bebauungsplanverfahrens auf diesen Flächen eine dann nachhaltig gesicherte neue Heimat finden. Sollten einzelne Individuen durch den Maisanbau bereits von selbst auf benachbarte Flächen umgezogen sein, ist dies im Rahmen der natürlichen Lebensraumveränderungen aber ebenso möglich. Die Stadt Hanau wird unter Einbeziehung der CEF-Maßnahmenflächen darüber hinaus in einem gemeinsamen Programm mit den Naturschutzbehörden des Main-Kinzig-Kreises zukünftig für eine weiterer Vernetzung und zum Ausbau von Schutzmaßnahmen für den Feldhamster beitragen und hofft hier auch auf breite Unterstützung des Landes Hessen, welches über die Domänenverwaltung über eine Vielzahl geeigneter Flächen verfügt, die den Lebensraum der sogenannten MKK-Population stärken und nachhaltig sichern könnten.

Die Belange des Artenschutzes haben in der Bauleitplanung völlig zu Recht ein hohes Gewicht und sind im Fall eines Verstoßes gegen die strengen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes auch nicht abwägungsfähig. Dennoch dürfen wir auch nicht zulassen, dass vermeintliche artenschutzrechtliche Belange zur Durchsetzung von Partikularinteressen missbraucht werden. Einen Erfolg für den Feldhamsterschutz kann das Planverfahren „Mittelbuchen-Nordwest“ bereits heute für sich verbuchen: Selten waren die öffentliche Aufmerksamkeit und das Interesse für den Schutz dieser Art höher, was auch die Bereitschaft der maßgebenden Akteure auf landespolitischer Ebene sowie auf Ebene der Eigentümer und der Landwirtschaft steigert, die gemeinsamen Anstrengungen zum Schutz bedrohter Arten deutlich zu forcieren.

Claus Kaminsky Oberbürgermeister Hanau (HA 24.03.2018)