Offener Brief an OB Claus Kaminsky
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kaminsky,
Bezug nehmend auf einige Aussagen in den Artikeln im Hanauer Anzeiger vom 28.09.2017 und dem Mittelhessenbote am 01.11.2017 möchten wir uns heute an Sie wenden.
So werden Sie im Mittelhessenbote vom 01.11.2017 zum Strukturkonzept für den Pioneer Park zitiert mit den Worten:“ Das Areal soll seinen Charakter erhalten, denn unter einer maximalen Verdichtung würde der Charme dieses Areals ein gutes Stück leiden“. Es sollen daher nicht mehr als 30 Wohneinheiten pro Hektar geplant werden.
Sollte dieses Prinzip nicht auch für andere zu bebauende Areale gelten? Wieso können dann in einem ländlichen Stadtteil wie Mittelbuchen auf 3,3 Ha 123 Wohneinheiten geplant werden? Wo bleibt hier die Sorge um dem „Charme und Charakter“ des zu bebauenden Areals?
Es ist einfach nur ärgerlich, ständig in verschiedenen Artikeln zu lesen, mit welchen Argumenten eine großzügige Bebauung, wie sie z.B. in Bruchköbel Niederissigheim „Am Hunsrück“ und auch im Pioneer-Areal geplant ist, verteidigt wird. Genau das Gegenteil wurde uns, als direkten Anliegern des Bauvorhabens Mittelbuchen-Nordwest, immer wieder erzählt. Es gebe zu wenig Bauland um aufgelockert zu bauen, und dass es strenge Auflagen gebe, nach denen man das wenige vorhandene Bauland möglichst maximal nutzen müsse.
Wir fühlen uns durch solche Aussagen im Hinblick auf Ihre jüngsten Ausführungen zu den neuen Baugebieten wirklich langsam verschaukelt!
Uns und noch ca. 500 Bürgern wurde auf der Bürgerversammlung und auch in einem kleineren Kreis von Ihnen, Herrn Müller von der Firma Terramag und von Herrn Bieberle immer wieder vorgetragen, dass diese dichte Bebauung laut hessischem Baurecht vorgeschrieben sei und dass man leider an der Zahl der Wohneinheiten nichts ändern könne. Aussage von Herrn Bieberle „ die Zeit der großen Grundstücke ist vorbei, diese sind nicht mehr zeitgemäß“.
Nun war am 28.09.2017 im Hanauer Anzeiger zu lesen, dass in Bruchköbel Oberissigheim „Am Hunsrück“ Bauplätze im XL- Format für zahlungskräftige Kundschaft vermarktet werden sollen. Die Rede ist von 15 Grundstücken mit 600 bis über 1000 qm Grundfläche. Dies sei notwendig, so Herr Müller von Terramag, da seit der Entwicklung des Fliegerhorsts Langendiebach ein großer Bedarf an Villengrundstücken für die ansässigen Führungskräfte entstanden sei.
Gilt dort ein anderes Baurecht?
In Mittelbuchen sollen am äußersten, nordwestlichen Ortsrand auf 3,3 Ha der dort vorhandenen Ackerfläche 123 Wohneinheiten in wallartiger, hochverdichteter Geschossbauweise errichtet werden, angeschlossen an ein Baugebiet mit aufgelockerter Ortsrandbebauung, bestehend aus eingeschossigen Flachdachbungalows in grüner Gartenlandschaft, welche sich harmonisch in die ländliche Umgebung einfügt. Wurde hier bei der Planung und Vergabe auch an den Erhalt des Charmes des Areals gedacht? Wohl eher nicht!
Warum werden wir Bürger so belogen?
Uns ist bekannt, dass von Herrn Neisemeyer, Geschäftsführender Gesellschafter der Fa. Die Hypotheker aus Hanau, ein Konzept zur Bebauung eines alternativen Baugebietes „Am Simmichborn“ vorgelegt wurde, mit einem biologischen Gutachten welches besagt, dass hier weder eine Feldhamsterpoulation noch eine Frischluftschneise eine Bebauung verhindern würden, so wie von Herrn Bieberle auf der 2. Bürgerversammlung behauptet. Trotzdem wurde der Vorschlag von der Stadt ohne Begründung abgelehnt! Dieser Alternativplan wurde auch den Stadtverordneten nicht vorgelegt, was wir nicht nachvollziehen können.
Wie soll das Stadtparlament eine ausgewogene Entscheidung treffen, wenn ihm die Alternativen gar nicht vorgelegt werden? Entscheiden das in Hanau nur Einzelpersonen?
Nun aber zum Grund unserer größten Verärgerung :
Am 27.Oktober war in der Frankfurter Rundschau folgende Aussage von Ihnen zu lesen:
„Die Stadt ist mit dem Bauvorhaben in Mittelbuchen gut im Zeitplan und die Einwendungen der Bürger sind als nicht so gewichtig einzustufen, dass nicht gebaut werden kann. Denn am Ende müsste man Abwägen zwischen dem Gemeinwohl und legitimen Einzelinteressen“.
Wie kann ein Stadtoberhaupt öffentlich kundtun, dass die Einwendungen der Bürger nicht berücksichtigt werden und trotzdem gebaut wird. Woher wissen Sie heute schon, welche Punkte und Hinweise auf Rechtsbrüche die Bürger in Ihren Einwendungen nach der 2. Offenlegung schreiben werden?
Diese Äußerungen und die bisherige Vorgehensweise hinterlassen bei uns den Eindruck, dass für Sie längst alles beschlossen ist und Sie die Argumente und Sorgen der Bürger hinsichtlich des Baugebietes in Mittelbuchen nicht mehr ernst nehmen.
Des Weiteren gibt es nach der abschließenden Offenlegung und der Einwendungsfrist noch den Rechtsweg (Normenkontrollverfahren). Um diesen Weg zu beschreiten, haben wir bereits einen Rechtsanwalt beauftragt. Da ein solches Verfahren langwierig sein kann, sollten Sie dies unbedingt in Ihre Zeitkalkulation einbeziehen!
Wenn Sie von Gemeinwohl und Einzelinteressen sprechen, fragen wir uns, ob als Gemeinwohl nicht die 500 Unterschriften und 200 Einwendungen der bereits in Mittelbuchen ansässigen Bürger stärker zu gewichten sind, als die Gewinnmaximierung eines Bauträgers und die 250 neuen Bürger, welche Ihnen in erster Linie mehr Steuern in die Kasse spülen.
Es geht uns darum, dass durch den zusätzlichen Verkehr und durch die dichte Geschoßbauweise, Mittelbuchen nicht nur seinen „ Charme und Charakter „ verlieren würde, sondern auch an die Grenzen der Belastbarkeit seiner Bürger käme.
Denken Sie auch darüber nach, dass immer mehr Versiegelung von wertvollen Ackerflächen dazu führen wird, dass weniger Anbau stattfindet. Bauern brauchen Fläche zum Anbau, auch in Hanau!
Zum Schluss möchten wir noch etwas zum Thema Feldhamster sagen:
Wir waren immer gegen die Art der Bebauung und gegen die Anzahl der Wohneinheiten, jedoch anfangs nicht gänzlich gegen eine Bebauung.
Nun hat sich aber einiges Grundlegend geändert!
Wie uns mitgeteilt wurde, hat die Stadt immer noch kein Umsiedlungsgebiet für die in Mittelbuchen ansässige Feldhamsterpopulation, welches von den Naturschutzverbänden als geeignet angesehen wird. Trotzdem wurde den Bauern die Pacht gekündigt und es wurde keine Winterfrucht mehr angebaut. Dies geschieht, obwohl die Stadt nicht davon ausgehen kann, dass im Frühjahr gebaut wird (Klagewege der Bürger). Selbst mit einem geeigneten Ausweichgebiet, wäre eine Umsiedlung nicht vor Mai 2018 zulässig.
Das Gebiet ist ein EU-Monitoringgebiet und die Bauern haben teilweise Zuschüsse vom Bund bekommen, um dem Hamster in diesem Gebiet die richtige Nahrung anzubieten.
Es wurde uns von mehreren Seiten bestätigt, dass man nun auf die Vergrämung des Hamsters setze, was für die Quellpopulation wohl das Ende bedeuten würde.
Aber auch das wird das Problem der Stadt nicht lösen, denn auch auf den angrenzenden Feldern befinden sich Hamster, die durch die Bauarbeiten extrem gefährdet würden.
Was sagt die EU dazu?
Deshalb werden wir uns auch weiterhin für den Schutz des Hamsters einsetzen und kämpfen solange für seinen Verbleib, bis die Stadt allen Beteiligten eine für den Hamster unschädliche Lösung vorlegt. Bis dahin werden wir weiter versuchen Unterschriften zu sammeln und die Öffentlichkeit miteinzubeziehen.
Sehr geehrter Herr Kaminsky, verschließen Sie nicht weiterhin die Augen vor den Sorgen und Problemen Ihrer Bürger! 750 Unterschriften und Einwendungen von ansässigen Bürgern spiegeln nicht nur Einzelinteressen wider, sondern müssen ernst genommen werden! Wir waren und sind Ihre Wähler!
Hochachtungsvoll
IG Mittelbuchen Nordwest